S:U:M
15.06.2009

Auf eine Prise Niacin aus Hamburg

von Eckhard Fürlus

Das Trio S:U:M hat seine erste CD veröffentlicht

S:U:M – das sind die drei Musiker Sigi Dresen, Klavier und Rhodes piano, Arnd Geise, elektrischer Bass, und Niels-Henrik Heinsohn, Schlagzeug. Eben hat dieses Trio seine Debut-CD „flow“ vorgelegt, und wie man dem booklet der CD entnehmen kann, ist die Triebfeder dieser Formation die Freiheit der musikalischen Kommunikation und Weiterentwicklung der Musik.

Alle drei Musiker kommen aus Hamburg und sind längst keine unbeschriebenen Blätter mehr. Sigi Dresen ist Pianist, Komponist, Produzent und Hochschuldozent und begann bereits mit sieben Jahren Klavier zu spielen. Später studierte er Jazzklavier an der Musikhochschule in Hannover. Dass er in vielen musikalischen Spielarten zu Hause ist, hat Dresen durch eine langjährige Zusammenarbeit mit so unterschiedlichen Künstlern wie den Leningrad Cowboys, DJ Bobo, Matthias Reim, Inga Rumpf oder den Lübecker Philharmonikern unter Beweis gestellt. Aus Dresens Feder stammen drei Kompositionen dieser CD. Bassist Arnd Geise erlernte das Bassspiel mit 13 Jahren; musikalische Erfahrungen sammelte er mit Bands wie Matalex und Triton. Größen wie Jean Poul Bourelly, Randy Brecker und Barry Finnerty hat Geise auf Tourneen begleitet, und außer bei S:U:M spielt er Bass für die Jazzsängerin San Glaser und in der Band von Sarah Conner. Niels-Henrik Heinsohn sitzt seit seinem 12. Lebensjahr am Schlagzeug und hat mit verschiedenen deutschen Bigbands und Musikern wie Detlef Beier, Martin Classen, Wolf Kerschek, Nils Landgren und Franz Wittenbrink zusammengearbeitet. Heinsohn ist Gastdozent an der Hamburg School of Music.

Dem booklet der CD ist ein Motto vorangestellt: „If Jazz is improvisation, that’s Jazz!“ Die Songs der CD, die im Juni 2008 in Hamburg aufgenommen wurde, sind in drei Abschnitte gegliedert und mit dem Einschalten der Kaffeemaschine und zwei eingeschobenen Kaffeepausen markiert: „Switch on the Coffee-Machine“, „Coffeebreak Interlude I“ zwischen dem fünften und siebten Song und „Coffeebreak Interlude II“ zwischen den Songs neun und elf. Dazwischen liegen großartige Coverversionen, so der Alannah Myles Songs „Black Velvet“ oder „Saga Of Harrison Crabfeathers“ von Steve Kuhn – mit 9 Minuten 57 Sekunden das längste Stück auf dem Album und sicherlich auch eine Widmung an den Komponisten. Überhaupt muss das Steve Kuhn Trio zu den wichtigen Einflüssen der Band S:U:M gerechnet werden. „Mysteriums-Abteilung“ ist eine Eigenkomposition des Schlagzeugers Niels-Henrik Heinsohn; während dieses Stücks ist das Trio am experimentierfreudigsten und erinnert gelegentlich an die 60er Jahre Formation The Nice um den legendären Keyboarder Keith Emerson. Eine Reverenz erweisen S:U:M den 60er Jahren auch insofern, als sie den Moody Blues Song „Nights In White Satin“ von Justin Hayward für dieses Album covern. Eine gelungene Überraschung ist das von S:U:M sehr einfühlsam und dabei expressiv vorgetragene „Feel“ von Robbie Williams.

Bei „Beautiful Love“ vermag das Klavierspiel von Sigi Dresen streckenweise an McCoy Tyner zu erinnern. Arnd Geise wünschte man sich, gerade weil er sein Instrument beherrscht, zur Abwechslung auch einmal auf dem Kontrabass zu hören. „Glowing Cave“, ebenfalls von Sigi Dresen, ist eine ins Ohr gehende – in Musikerkreisen würde man „catchy“ sagen –, rasante und sehr abwechslungsreiche Komposition. Niels-Henrik Heinsohn, der als Schlagzeuger auf diesem Album brilliert, macht neugierig auf seine weiteren kompositorischen Fähigkeiten.

Dass die Verbindung gegensätzlicher Musikwelten fernab von stilistischen Festschreibungen und klassischen Rollenverteilungen der Instrumente, wie es die Mitglieder von S:U:M intendieren, durchaus problematisch sein kann, ist ein Gemeinplatz, der billig zu haben ist. Wie man klassisches Jazzrepertoire, Pop und Rockmusik miteinander kombinieren kann, so dass etwas neues entsteht, haben Bands wie Deep Purple, The Flock, The Nice, Procol Harum, Renaissance, Sea Train oder Spirit in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts vorexerziert. Heute muss ein derartiges Ansinnen höchst anachronistisch und gleichsam wie ein Tribut an ein längst überkommenes Anything goes der 80er Jahre vorkommen.

Alles in allem sind die drei Musiker von S:U:M ausgezeichnete Instrumentalisten, die sich allerdings so gut auf einander eingespielt haben, dass ihrer Auffassung von „mutiger Improvisation“ mitunter die Schärfe abhanden kommt, ihr Zusammenspiel bisweilen zu wenig Reibungsfläche bietet und sich mit der Improvisationsfreude eines Peter Brötzmann, eines Ornette Coleman oder eines Cecil Taylor wahrlich nicht messen kann und wohl auch nicht messen will. So bleibt „flow“ ein sehr beachtliches Debüt, dem ein ansprechenderes Cover als diese an ECM Ästhetik knapp vorbei orientierte, belanglose Fotografie dreier Scheinwerfer bestimmt gut getan hätte.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.myspace.com/sumtrio und www.allofjazz.com.