26.08.2008

Grauen des Alltags: Von Kundenkarten, Warteschleifen und Gute-Laune-Moderatoren

Autor/en: Robert Griesbeck

Und warum sind wir so grauenvoll?

von Werner Fuchs

Für knapp 9 Euro erfährt man auf 283 Seiten, was wir schon wissen. Die moderne Konsum- und Informationsgesellschaft bereichert den Alltag mit so viel Grauenvollem, dass manchmal der Wunsch nach der guten alten Zeit aufkommt. Allerdings nur für kurze Zeit und so schwach, dass sich wohl nicht viel ändern wird. Die Idee von Robert Griesbeck den ganz normalen Wahnsinn zu sammeln und in geballter Form wiederzugeben, ist nicht neu. Nur mussten wir solche Zusammenfassungen bisher selber leisten und durch das Internet surfen oder ein paar Stunden durch Einkaufszentren schlendern. Zudem liefert uns Robert Griesbeck Kommentare dazu, die witzig genug sind, um das Grauen ertragen zu können. Doofe Werbetexte, unverständliche Gebrauchsanweisungen, menschenfeindliche Rationalisierungsmassnahmen, wertlose Kundenkarten, Servicewüsten, McDonaldisierungen, eisige Hotlines, Telefonterror, Internetkatastrophen, TV-Blödsinn, Distanzzonen und Scherzkommraus-Bemühungen. Wer das Buch am Stück liest, braucht Beruhigungspillen. Also lieber häppchenweise konsumieren.

Aber warum sind wir vom Grauen umzingelt? Warum wehren wir uns nicht dagegen? Warum kommen die Erfinder von solchen Grausamkeiten überhaupt ungestraft davon? Sind wir nur Opfer oder eben auch Täter? Auf solche Fragen hätte ich mir mehr Antworten gewünscht. Nicht in Form moralischer Belehrungen, sondern durchaus in der witzigen Art, die Robert Griesbeck so gut beherrscht. Denn solange wir uns nicht selber bei der Nase nehmen, wird das Grauen täglich zunehmen. Fänden wir Geiz nicht geil oder würden nicht dauernd nach Sicherheit schreien, gäbe es schon weniger Dummheiten. Ich hätte mir gewünscht, dass der Sammler des Grauens die Leser ebenso unterhaltsam auf ihre Eigenbeiträge aufmerksam gemacht hätte, wie er die Ergebnisse mangelnder Selbstverantwortung schildert.

Mein Fazit: Eine geballte Sammlung von ganz alltäglichen Grausamkeiten der modernen Konsum- und Mediengesellschaft. Auch wenn man viele Beispiele nicht selber erlebt hat, kennt man zumindest die Mechanismen, die sie generieren. Und dazu gehören eben auch unsere eigenen Verhaltensweisen und Anspruchshaltungen. Aber da es Robert Griesbeck vorzieht, das Grauen aus der Sicht des Voyeurs zu beschreiben, können wir uns so leicht vom Geschehen distanzieren, dass sich wohl nicht viel ändern wird.