Werte
16.09.2006

Werte. Von Plato bis Pop - Alles, was uns verbindet

Autor/en: Douwe Draaisma

Zur richtigen Zeit das richtige Buch

von Werner Fuchs

Peter Prange wird vielen Liebhabern historischer Roman bekannt sein. Mit der so genannten Weltenbauer-Trilogie "Die Principessa", "Die Philosophin" und "Die Rebellin" hat sich der promovierte Literaturwissenschaftler und Philosoph einen Namen geschaffen. Und nun überrascht er mich mit einem Werk, das nur auf den ersten Blick von einem anderen Planeten stammt. Denn letztlich packt er Werte und Kulturgeschichtliche lediglich anders ein. Statt durch eine historische Gestalt selber zu sprechen, erteilt er das Wort nun den Schreibenden. Prange mischt sich nur ein, indem er auswählt und den Kapiteln eine persönliche Zusammenfassung voranstellt. Das Buch ist dick, aber allein Pranges Resumes lohnen die Lektüre. Der so genannten Beliebigkeit im 21. Jahrhundert moralisch zu begegnen, ist kein gutes Mittel. Denn man kann es noch so geschickt anstellen, der Oberstudienrat-Groove bleibt an einem haften. Peter Prange macht es klüger. Er sichtet, was zur Wertediskussion schon da ist, sucht Gegensatzpaare zur Kategorisierung, nimmt eine bis ins Heute reichende Zeitachse und gibt seine Meinung zwischen den Zeilen seiner Vorschauen preis. Das ist ein Konzept, das mich überzeugt.

Wenn rundherum auf die Europäer herumgehackt wird und diese sich intellektuell noch selbst zerfleischen, gibt Prange den Optimisten einen ganzen Chor an Stimmen. Statt zu jammern und verzweifelt den Wertehorizont abzusuchen, lohnt es sich, das Bestehende zu sichten. Das ist zwar nicht unbedingt medientauglich, aber sympathischer. Denn es rückt die Verantwortung wieder dorthin, wohin sie gehört -“ zum Einzelnen. Klar habe ich einige meiner Wertevermittler vermisst und finde es schade, dass kein Vertreter der Neurophilosophie aufgenommen wurde. Aber übers Ganze gesehen, finde ich die Auswahl grossartig. In der gleichen Qualität sind die gewählten Gegensatzpaare, von denen ich doch einige nennen möchte: Leben und Sinn, Natur und Kultur, Glaube und Vernunft, Schönheit und Wahrheit, Glück und Askese, Gleichheit und Elite oder Heimatliebe und Weltoffenheit.

Und wer soll das dicke Werk von Prange lesen? Sicher all jene, die sich in der öffentlichen Wertediskussion von langweiligen Moralaposteln distanzieren wollen. Dann alle fundamentalistisch angehauchten Ideologen, was wohl Wunschtraum bleiben wird. Und schliesslich alle, zu deren Ausrüstung für die Suche nach sich selbst auch Bücher gehören. Das werden zusammen kaum jene zwei Millionen sein, die Pranges Romane gelesen haben. Doch wenn alle "Werte-Fans" das Buch weiterempfehlen, wird bald eine Neuauflage fällig sein.

In der Neuauflage könnte man dann die völlig missratenen Quellennachweise in eine anständige und leserfreundliche Form bringen. Mir ist absolut unverständlich, wie man dazu kommen konnte, all die Angaben auf zwei Seiten zu würgen. Bei dieser Gelegenheit müsse auch die Frage diskutiert werden, ob kommentierte Hinweise auf weiterführende Literatur ein Leserbedürfnis abdecken könnten. Will man noch ein paar Seiten für optimalen Kundenservice hinzufügen, würde ich sie für Übersetzungen von Gedichten und Liedern verwenden. Es kann ja nicht jeder alle europäischen Sprachen.

Mein Fazit: Ein geniales Konzept, um sich in wohltuender Distanz in die geführte und ausbleibende Wertediskussion einzumischen. Peter Prange wäre unter den Sammlern und Jägern wohl ein Shootingstar, findet er doch verborgene Schätze, ohne über Goldklumpen zu stolpern, die gleich vor der Haustür liegen.Um nützliche Fragen zu stellen, braucht es kluge Antworten. Ein Buch, in dem ich immer wieder blättern werde. Da ich das weiss, erhält es einen Sonderplatz im häuslichen Bücherhimmel.