30.04.2008

Art Cologne 2008: führungslos ins Glück?

von Christian Meyer

Nach turbulenten Vorbereitungen ohne künstlerischen Direktor wurde die Art Cologne im April wider Erwarten ein Erfolg. Der neue Direktor tritt erst am 1.Mai sein Amt an.

"Die ersten Schritte der Messeleitung greifen. Die vielen kleinen Änderungen zeigen schon in diesem Jahr positive Wirkung"
- Gisela Capitain

Die Vorbereitungen zur Art Cologne 2008 waren schon früh von Turbulenzen begleitet. Gérhard Goodrow, der letzte Direktor der Kölner Kunstmesse war im September 2003 ernannt worden. Die 1967 gegründete, weltweit älteste Kunstmesse, hatte mit seiner Ernennung neue Hoffnung geschöpft. Denn ihre internationale Bedeutung war ebenso wie die der in den 80er Jahren noch neben New York als Weltkunststadt gefeierte Rheinmetropole seit den späten 90er Jahren immer weiter gesunken. Mit der Abwanderung von immer mehr Galeristen nach Berlin und der Gründung neuer Kunstmessen in Deutschland mussten Stadt wie Messe Anfang des neuen Jahrtausends sogar um die nationale Bedeutung bangen. Drei Jahre später regte sich trotz einiger Neuerungen wie den Wechsel vom traditionellen Herbsttermin auf den Frühling Unmut. Einigen bedeutenden Kölner Galeristen gingen die Umstrukturierungen zu langsam voran. Zwar wurde die Messe, deren Problem unter anderem auch ihr schneller Wachstum in den 90er Jahren war, zusammengeschrumpft. Aber weder schienen die guten Kontakte des ehemaligen Christie’s-Mitarbeiters Goodrow neue bedeutende Galerien nach Köln zu ziehen, noch war man besonders begeistert von erfolglosen Neugründungen wie dem Messe-Satelliten der Art Cologne, der Art Cologne Palma de Mallorca. Dass im letzten Jahr in Düsseldorf auch noch die inzwischen wieder eingestellte Konkurrenzmesse „duesseldorf contemporary“ an den Start ging, machte es für Goodrow nicht einfacher. Ein Protestschreiben von Kölner Galeristen wie Daniel Buchholz, Christian Nagel oder Gisela Capitain oder Monika Sprüth, kombiniert mit der Drohung, die Beteiligung in diesem Jahr aufzukündigen, machte die Probleme öffentlich und verstärkte den Druck auf Goodrow. Ende Januar teilte die KölnMesse schließlich mit, dass man sich von Goodrow getrennt hatte. Von da an liefen die Vorbereitungen für die diesjährige Messe auf Hochtouren – allerdings ohne einen Direktor. Oliver P. Kuhrt, der Geschäftsführer der KölnMesse, sprang ein und rettete, was zu retten war, so dass pünktlich am 15. April um 17 Uhr die Vernissage führungslos steigen konnte.

Ob es nach dem ganzen Wirbel reine Neugierde war, Sorge um die Messe oder die Hoffnung auf einen Neuanfang – die Vernissage war äußerst gut besucht und die Stimmung ausgenommen positiv. Vor allem der offen gestaltete ‚Open Space’ jenseits der üblichen Galerien-Boxen erfreut sich auch im vierten Jahr zunehmender Beliebtheit. Wie frei der Parcour angelegt ist, nicht nur räumlich – auch inhaltlich, zeigt sich im Projekt von Katharina Jahnke, die mit „Open Play“ eine architektonische Spielstätte für Kinder eingerichtet hat. Dort können sie unter Anleitung der Künstlerin ihrer Kreativität frönen. So kann man auch für die Zukunft der Kunstszene sorgen. Gleich daneben, aber nicht mehr im Open Space, wirbt der Künstler Merlin Bauer mit seinem städtebaulichen Projekt „Liebe Deine Stadt“ auf ganz eigene Art für den Standort Köln: Hier wird den verfemten Bauwerken der Stadt aus den 50er bis 70er Jahren ein Denkmal gesetzt. Die grafischen und fotografischen Editionen wurden gerne gekauft. Nach fünf Tagen konnte die Geschäftsführung insgesamt eine erfolgreiche Messe verkünden. 55.000 Besucher waren in den Messehallen, die Stimmung war locker und die Verkäufe liefen laut Messeleitung ebenfalls allgemein gut. Auch aus den vordersten Reihen der Kritiker kam Lob: "Die ersten Schritte der Messeleitung greifen. Die vielen kleinen Änderungen zeigen schon in diesem Jahr positive Wirkung", so die Kölner Galeristin Gisela Capitain. Allgemein wurde die Übersichtlichkeit der Messe, die erstmals auf nur drei Hallen stattfand, hervorgehoben. Nach der vollzogenen Verkleinerung kann sich der kommende Direktor nun der dringend nötigen Internationalisierung widmen. Und tatsächlich kann man inzwischen auch einen neuen Direktor präsentieren. Nachdem lange Zeit Eva-Maria Häusler von der überaus erfolgreichen Art Basel als Favoritin galt, steht seit Ende März Daniel Hug als Nachfolger Goodrows fest. Der Kunsthistoriker und Galerist aus Los Angeles ist ein Enkel des Künstlers László Moholy-Nagy. Am 1.Mai nimmt er seine Arbeit auf. Ob Goodrow nur Opfer einer verfahrenen Situation war, lässt sich wohl nicht klären. Ob Hug den momentanen Schwung der Art Cologne nutzen kann, wird man hingegen schon im nächsten Frühling beurteilen können.