14.06.2008

Hausmüll als Energiespender

von Annegret Kempf

Große Zukunft für kleine Brennstoffzellen

Spannung mit zwei Platindrähten

Bereits 1838 kam der Entdecker von Ozon und Schießbaumwolle, der deutsch-schweizerische Chemiker Christian Friedrich Schönbei, dem Prinzip der Brennstoffzelle auf die Spur: Dazu umspülte er zwei Platindrähte in einer Elektrolytlösung mit Wasserstoff, beziehungsweise Sauerstoff. Zwischen den Drähten stellte er eine Spannung fest. Doch die Erfindung blieb für lange Zeit in den Schubladen denkbarer Einsatzmöglichkeiten liegen.

Über den Wolken mit Sonne und Wasser

170 Jahre später wurde in einem Testflug ein umgebauter Airbus A320 mit einer Brennstoffzelle als Backup-System für die Energieversorgung an Bord getestet. Das erzeugte Wasser kann zusätzlich für die Bordversorgung eingesetzt werden, wodurch das Abfluggewicht gesenkt wird.

Umwegefreie Energieumwandlung ist das Geheimnis und der Vorteil der Brennstoffzelle gegenüber den komplizierteren und anfälligeren Wärmekraftstoffmaschinen-Generatoren.

Wasserstoff als Treibstoff, Brennstoffzellen als Energiewandler und Elektromotoren als Antriebe: Das ist ein beliebtes Forschungsfeld von Automobilherstellern, wie BMW, Daimler, Ford, General Motors, Honda und Volkswagen, seit rund zwei Jahrzehnten. Ihr Vorteil: Wasserstoff verursacht keine Emissionen, was für seine Herstellung jedoch nicht gilt – es sei denn, er wird mit regenerativen Methoden, etwa mit Sonnenkraft, erzeugt. Wenn Brennstoffzellen nicht zur Erhöhung der Dunstglocken, besonders über Großstädten und Ballungszentren beitragen, ist angesichts der wachsenden gesetzlichen Auflagen 170 Jahre nach ihrer Entdeckung die Zeit für ihren Durchbruch gekommen: Sofern sie kosteneffizient genutzt werden können.

Null-Emissionen als Forschungsantrieb

Forschung und gesellschafts-politischer Druck spielen einander zu: Für das Jahr 2003 war in Kalifornien geplant, dass zehn Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge laut Gesetz abgasfrei fahren sollten. Auf massiven Druck der amerikanischen Automobilindustrie wurde das Zero Emission Vehicle mandate (ZEV) in letzter Minute gekippt. Doch die Forschung war schon durch seine Ankündigung mächtig in die Gänge gekommen, auch weit über die USA hinaus.

Beispielsweise wurde 2004 der Prototyp des HY-LIGHT vorgestellt, eines Viersitzers mit Brennstoffzellen-Antrieb. Seine Entwicklungszeit von knapp 20 Monaten durch ein Team des PSI in Villigen AG und Conception et Développement Michelin in Givisiez FR, einer Schweizer Tochterfirma des französischen Autoreifen-Konzerns, ist rekordverdächtig. Das Auffälligste an seiner Optik ist der fehlende Auspuff: Da seine Brennstoffzellen aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrischen Strom produzieren, entstehen keine schädlichen Abgase und kein Kohlendioxid, die an die Luft abgegeben würden. Eine Tankfüllung Wasserstoff reicht dem HY-LIGHT für 400 Kilometer.

Brennstoffzellen befeuern Automobilindustrie

  • EFOY-Brennstoffzelle 1600 mit Tankpatronen, Leistung 1,6 kWh pro Tag

Bei der Systemintegration von Brennstoffzellen in Pkws oder bei der Wasserstoffproduktion hat Deutschland die Nase mit vorn, weniger jedoch in der Herstellung von Brennstoffzellen. SFC Smart Fuel Cell AG, Technologie- und Marktführer für mobile und netzferne Energielösungen auf der Basis von Brennstoffzellen, kommt daher eine wichtige Ausnahmestellung zu, zumal in einem globalen Umfeld, in dem die USA und Japan sich extrem anstrengen, um Technologieführer zu werden, und Brennstoffzellen sowie Wasserstoff für die Energieversorgung stark fördern.

Für Deutschland sei es riskant, seine führende Rolle zu verlieren, warnt das von der Europäischen Union geförderte HyWays-Projekt. Die Arbeitsplätze von rund zwei Millionen Menschen, die bei den Automobilherstellern und ihren Zulieferern angestellt sind, wären durch einen technologischen Rückstand bei neuen Antrieben gefährdet. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Projektpartner von HyWays, rechnet mit einem Verlust von rund 250.000 Arbeitsplätzen, wenn Brennstoffzellen-Pkws aus dem Ausland 20 Prozent der deutschen Fabrikate verdrängten. Deutsche Unternehmen würden, ISI zufolge, bei der Fertigung künftiger wasserstoffbetriebener Brennstoffzellen-Pkws nicht nur den Antriebsstrang mit der Brennstoffzelle verlieren, sondern auch den konventionellen Teil des Fahrzeugs.

Immerhin halten kleinere Brennstoffzellen das Forschungsfeld und den kommerziellen Nutzen der zukunftsträchtigen Energiewandler in Bewegung und schieben sie an: Siehe auch Proton Motor, Experte für Industrial Fuel Cells, Brennstoffzellen- und Hybridsysteme, und die Wilhelm Karmann GmbH, Spezialist für Entwicklung und Fertigung von Gesamtfahrzeugen, die auf der Hannover Messe erstmals den EcoCarrier HY3 zeigten. Das leichte Nutzfahrzeug wird von Karmann im Auftrag der EcoCraft Automotive als Batteriefahrzeug in Serie produziert und von Proton Motor mit Brennstoffzellenhybridsystemen ausgestattet. Für 2009 rechnet man damit, 20 Fahrzeuge zu verkaufen. Bei größeren Serien, wird mit den Kosten herkömmlicher Aggregate kalkuliert. Die Kombination von Brennstoffzelle, Nickel-Metall-Hybrid-Batterie und Hochleistungskondensatoren verschafft dem EcoCarrier eine Reichweite von mehr als 250 Kilometern und ist gegenüber einem Elektrofahrzeug mit Bleibatterie mehr als 200 Kilogramm leichter. Der hohe Wirkungsgrad spart im Vergleich zu konventionellen Verbrennungsmotoren 50 Prozent an Energie ein. Der Tank ist in einer Minute wieder aufgefüllt.

Übrigens: Seit vergangenem Jahr sind erste Autos mit Brennstoffzellen-Antrieb als „Mitglieder“ des Fuhrparks des Bundesverkehrsministeriums unterwegs.

Speichervorteile von Methanol

In höherem Maße als die Brennstoffzellentechnik selbst, stellte es für die Forschung lange Zeit ein Problem dar, Wasserstoff preiswert und umweltschonend zu gewinnen. Eine Bremse für den massenhaften Einsatz von Brennstoffzellen beispielsweise in Notebooks, Kameras, Observationsgeräten, Reisemobilen und Segelbooten war, beziehungsweise ist, die problematische Speicherung von Wasserstoff in kleinen Mengen.

Statt direkt Wasserstoff zu speichern, können bei Brennstoffzellen theoretisch auch Ethanol, Methanol oder andere Kohlenwasserstoffe verwendet werden, von denen der Wasserstoff durch katalytische Verfahren gewonnen wird – was ökologisch jedoch nur dann Sinn macht, wenn die Treibstoffe aus erneuerbarer Biomasse stammen. Während Wasserstoff in der Natur als reines Gas so gut wie gar nicht vorkommt und aufwändig erzeugt und gespeichert werden muss, ist der einfache Alkohol Methanol eine Massenchemikalie und kann aus sehr vielen Quellen ohne großen Aufwand erzeugt werden. Der größte Teil wird heute noch vor Ort bei der Erdölgewinnung aus dem dort als Abfall anfallenden Erdgas hergestellt. Zunehmend wird Methanol jedoch auch aus Biomasse und sogar aus Hausmüll ressourcenschonend hergestellt. Methanolbrennstoffzellen sind für den Mercedes Benz Necar 3 als Energiewandler vorgesehen.

Durchhalterekorde von EFOY-Brennstoffzellen

Im Mai 2007 schaffte ein EFOY-Brennstoffzellensystem der SFC Smart Fuel Cell AG 10.000 Betriebsstunden, ein erstmaliger Rekord in der Geschichte der Brennstoffzellentechnologie auf Methanolbasis.

Für das Durchhaltevermögen und die praktische Einsetzbarkeit seiner Brennstoffzellen wird das Unternehmen regelmäßig von verschiedenen Seiten ausgezeichnet: In diesem Jahr gehört der INDUSTRIEPREIS 2008 der Initiative Mittelstand in der Kategorie „Energie“ zu den Ehrungen. Die Batterien auf Warnleitanhängern mit temporären LED-Verkehrszeichen werden in Verkehrsleitsystemen durch die EFOY-Brennstoffzellen ständig nachgeladen. Die Einsetzbarkeit der Anlagen der Verkehrsleitsysteme erhöhte sich dadurch von acht Stunden auf zehn Tage.

Ob Freizeitmarkt, insbesondere Reisemobile in Frankreich, oder Industrieanwendungen in den USA – seit über drei Jahren beliefert SFC immer mehr namhafte Abnehmer, Partner und Endkunden, kooperiert zudem mit führenden Unternehmen unterschiedlicher Branchen. Das Elektroroller-Modell GECO42fun von der GUF GmbH Gesellschaft für umweltbewusste Fortbewegung aus Schelklingen, das erstmals auf der Hannover Messe 2008 gezeigt und verkauft wurde, ist mit einer EFOY Brennstoffzelle von SFC ausgestattet worden, die mit einer Fünf-Liter-Tankpatrone die Reichweite des Rollers auf 500 Kilometer erhöht. Das Geschäft mit Brennstoffzellen rollt also nicht nur gut an, sondern läuft auch für die Umwelt besonders gut.

Siehe auch:Brennstoffzellen, die dieselbe Leistung wie ein Otto-Motor erzeugen sollen, sind bislang nicht marktfähig“. Ein Interview mit den Vorständen von SFC Smart Fuel Cell AG, Dr. Peter Podesser (CEO) und Dr. Jens Müller (CTO).