14.06.2008

„Brennstoffzellen, die dieselbe Leistung wie ein Otto-Motor erzeugen sollen, sind bislang nicht marktfähig“

von Annegret Kempf

TUXAMOON sprach mit den Vorständen von SFC Smart Fuel Cell AG, Technologie- und Marktführer für mobile und netzferne Energielösungen auf der Basis von Brennstoffzellen, Dr. Peter Podesser (CEO) und Dr. Jens Müller (CTO), über ihre Erfahrungen mit Brennstoffzellen und ihre Prognosen für diese Technologie, auch in der Automobil-Branche.

TUXAMOON: SFC ist sehr erfolgreich mit seinen DMFC-Brennstoffzellen: Erklären Sie bitte mit wenigen, auch für Laien verständlichen Worten, wie Ihre Brennstoffzellen funktionieren.

Dr. Jens Müller (CTO): Im Prinzip ganz einfach: Methanol, das ist ein einfacher Alkohol, rein – Strom raus. Damit ist auch gleich einer der entscheidenden Vorteile im Vergleich zu klassischen Stromerzeugern, wie zum Beispiel dem Generator, erwähnt. Im Generator entsteht erst durch Verbrennung thermische Energie, diese wird in mechanische Energie umgesetzt und aus dieser wird dann Strom erzeugt. Die Direktmethanolbrennstoffzelle setzt hingegen den flüssigen Energieträger in einem einzigen Schritt in Strom um. Das ist wesentlich effizienter und umweltfreundlicher. Die Nebenprodukte sind lediglich Wasserdampf und geringe Mengen Kohlendioxid, vergleichbar der Atemluft eines Kindes.

TUXAMOON: Seit Jahrzehnten wird mit Milliardenaufwand an Brennstoffzellen geforscht: Meist noch ohne greifbare Erfolge. Wieso sind Sie schon auf dem Markt und nicht noch im Prototypen-Status?

Dr. Peter Podesser (CEO): SFC hat sich ganz früh entschieden, gezielt Märkte und Anwendungen zu adressieren, in denen der Einsatz der Brennstoffzelle sowohl technologisch als auch wirtschaftlich Sinn macht. In vielen Bereichen, in denen wir heute erfolgreich unsere EFOY-Brennstoffzellen verkaufen, existiert einfach keine andere Möglichkeit, zuverlässig Strom bereitzustellen, zum Beispiel bei netzfern betriebenen Mess-, Sicherheits- und Frühwarnstationen im Gelände fern jeder Stromleitung, die dennoch zuverlässig rund um die Uhr funktionieren müssen.

TUXAMOON: Warum haben Sie sich für Methanol anstelle des aktuell häufig favorisierten Wasserstoffs als chemische Grundlage für Ihre Brennstoffzellen entschieden?

  • EFOY-Brennstoffzellen 600 - 1600 mit einer Leistung von 0,6 KWh bis 1,6 kWh pro Tag

Dr. Jens Müller (CTO): Methanol bietet gegenüber Wasserstoff eine Vielzahl von Vorteilen, besonders für mobile Einsatzbereiche. Im Gegensatz zum gasförmigen Wasserstoff ist Methanol flüssig. Wasserstoff wird üblicherweise in schweren Metallhydridkartuschen gespeichert, deren Herstellung und Wiederbefüllung sehr kostenintensiv sind. Der Inhalt reicht nur für wenige Stunden, und der Transport von Wasserstoff unterliegt überaus strengen Regulierungen. Methanol hingegen wird in sicheren und handlichen Tankpatronen vertrieben. Es kann also ganz einfach und komfortabel in einer Tankpatrone überall hin mitgenommen werden. Die Tankpatronen können in Sekundenschnelle auch bei laufendem Brennstoffzellen-System ausgetauscht werden. Ladezeiten wie bei Akkus entfallen und der kontinuierliche Betrieb des Gerätes ist gewährleistet. SFC stellt seinen Kunden das Methanol in den eigens entwickelten, sicherheitsgeprüften und international erhältlichen EFOY-Tankpatronen zur Verfügung. Für diese mit einem speziellen Sicherheitsventil und einem kindersicheren Verschluss ausgestatteten Tankpatronen hat SFC in Zusammenarbeit mit zahlreichen nationalen und internationalen Regulierungs- und Sicherheitsbehörden alle erforderlichen Zulassungen, Siegel und Zertifikate erworben, zum Beispiel das TÜV-GS Siegel für geprüfte Sicherheit.

TUXAMOON: Wie sieht die Gesamtökobilanz der DMFC-Brennstoffzellen aus?

Dr. Jens Müller (CTO): Auch hier hat der eingesetzte Betriebsstoff Methanol entscheidende Vorteile gegenüber Wasserstoff. Während Wasserstoff in der Natur als reines Gas so gut wie gar nicht vorkommt und aufwändig erzeugt und gespeichert werden muss, ist der einfache Alkohol Methanol eine Massenchemikalie und kann aus sehr vielen Quellen ohne großen Aufwand erzeugt werden. Der größte Teil wird heute noch vor Ort bei der Erdölgewinnung aus dem dort als Abfall anfallenden Erdgas hergestellt. Zunehmend wird Methanol jedoch auch aus Biomasse und sogar aus Hausmüll ressourcenschonend hergestellt. Darüber hinaus verfügt Methanol über eine sehr hohe Energiedichte. Wie entscheidend das für die Logistik mobiler Anwendungen ist, zeigt ein einfacher Vergleich: Will man zehn Kilowattstunden in Form von Wasserstoff mitnehmen, müssen 65 Kilogramm mit einem Volumen von 60 Litern transportiert werden. Dieselbe Energiemenge in Batterien wiegt stolze 270 Kilogramm. Nimmt man jedoch Methanol mit, muss man nur acht Kilogramm bei einem Volumen von zehn Litern tragen.

TUXAMOON: Wo kommen Ihre Brennstoffzellen derzeit überall zum Einsatz?

Dr. Peter Podesser (CEO): Brennstoffzellen von SFC kommen in den folgenden vier Bereichen zum Einsatz: 1) Freizeit: Hier versorgen die EFOY-Brennstoffzellen die elektrischen Verbraucher an Bord von Reisemobilen und Booten, sowie in netzfernen Ferien-, Jagd- und Berghütten. Sie sind leise, 100prozentig zuverlässig und umweltfreundlich und völlig wartungsfrei: Sind sie einmal installiert, muss sich der Nutzer nicht mehr um sie kümmern und hat dennoch immer volle Batterien. 2) Netzferne Industrieanwendungen: EFOY-Brennstoffzellen werden überall dort eingesetzt, wo man fernab des Stromnetzes elektrische Geräte betreibt, die zuverlässig funktionieren müssen. Hierzu gehören zum Beispiel Mess- und Kommunikationsgeräte im Außeneinsatz, netzferne Audio- und Videosysteme, zum Beispiel Sicherheits- und Überwachungsanlagen, Verkehrsleitsysteme auf Autobahnen und Landstraßen, Mess- und Wartungsstationen an Öl- und Gaspipelines, Biologie- und Umweltstationen im Feld und vieles mehr. Entscheidend ist hierbei zum einen, dass die Brennstoffzelle bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit zuverlässig Strom produziert: Ein entscheidender Vorteil gegenüber Solarzellen, die bei schlechtem Wetter ausfallen. Der zweite wichtige Vorteil der Brennstoffzelle ist, dass sie je nach Größe der angeschlossenen Tankpatrone bis zu zehn Wochen autark ist. Aufwändige, teuere und zeitintensive Fahrten zum Wechseln der Batterien können so entfallen – ein entscheidender logistischer Vorteil. 3) Portable Brennstoffzellen für Verteidigungsanwendungen. Hier betreiben die ein Kilogramm leichten, tragbaren SFC-Brennstoffzellen die elektrischen und elektronischen Geräte, die ein Soldat im Feld mit sich führt, zum Beispiel Nachtsichtgeräte, Kommunikationssysteme, Laptops, GPS et cetera. Dabei beträgt die Gewichtseinsparung durch die Brennstoffzelle bis zu 80 Prozent. Statt 14 Kilogramm Batterien muss der Soldat für einen 72 Stunden-Einsatz nur insgesamt knapp über zwei Kilogramm Brennstoffzelle und Tankpatronen mitnehmen. So ist er schneller, beweglicher und leistungsfähiger, während gleichzeitig Logistikkosten für den bisher erforderlichen Batterieaustausch entfallen können. 4) Leichtelektrofahrzeuge unterhalb der PKW-Ebene: Ihnen ermöglicht der Einsatz der Brennstoffzelle unbegrenzte Reichweite, denn die Brennstoffzelle lädt die Batterie während der Fahrt vollautomatisch nach.

TUXAMOON: Welchen Nutzen können die Erfahrungen aus militärischen Einsätzen für Auto-Brennstoffzellen bringen?

Dr. Jens Müller (CTO): Die DMFC-Technologie eignet sich hauptsächlich für mobile Anwendungen im kleinen bis mittleren Leistungsbereich, bis 1.000 Watt. Sollen mehrere Kilowatt erzeugt werden, kommen vorrangig wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen zum Einsatz. Im Gegensatz zum klassischen Motor, der über die Verbrennung ein Volumenprozess ist, ist die Brennstoffzelle generell jedoch ein an die stromerzeugende Membrane gebundener Flächenprozess. Will man die Leistung eines Stromerzeugers zum Beispiel verdoppeln, muss man beim Ottomotor nur eine geringfügige Volumenvergrößerung umsetzen. Bei der Brennstoffzelle muss jedoch die stromerzeugende Fläche verdoppelt werden, und damit auch Gewicht, Größe und Kosten der Brennstoffzelle selbst. Dadurch sind Brennstoffzellen, die dieselbe Leistung wie ein Otto-Motor erzeugen sollen, bislang noch wesentlich teurer als dieser und somit nicht marktfähig. Ein weiteres Hindernis für die Kommerzialisierung von Brennstoffzellen in diesem Bereich ist die fehlende Wasserstoffinfrastruktur und der problematische Transport von Wasserstoff.

TUXAMOON: Lassen sich Erkenntnisse aus dem Einbau von Brennstoffzellen in Reisemobilen auf PKWs übertragen?

Dr. Jens Müller (CTO): Der Einbau selbst ist nicht das Problem. Die Brennstoffzelle wird nahezu immer mit einer Batterie arbeiten, denn gemeinsam sind sie eine ideale Kombination: Während die Batterie als klassischer Stromspeicher auch große Stromspitzen problemlos abdecken kann, stellt die Brennstoffzelle als kontinuierlich produzierende Stromquelle sicher, dass die Batterie immer wieder aufgeladen wird. Probleme sind eher die derzeit noch sehr hohen Kosten und die damit verbundene fehlende Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen mit hoher Leistung, sowie die fehlende Wasserstoff-Infrastruktur.

TUXAMOON: Die hohen Kosten sind derzeit also noch eine relevante Bremse für den Einsatz von Brennstoffzellen im Alltagsverkehr. Dennoch: Zu welchem Preis könnten Sie Brennstoffzellen für serienreife Autos liefern?

Dr. Peter Podesser (CEO): SFC liefert keine Brennstoffzellen für PKWs und plant auch nicht, das zu tun. Wir werden auch weiterhin im kleinen bis mittleren Leistungsbereich bis 1.000 Watt Brennstoffzellen entwickeln und verkaufen.

TUXAMOON: Wie viel Platz würde Ihre Brennstoffzellen-Technologie in einem PKW benötigen?

Dr. Jens Müller (CTO): Unsere Brennstoffzellen sind heute ca. 44 x 20 x 28 Zentimeter groß und mit nur circa sieben Kilogramm leicht zu transportieren. In PKWs kommen sie jedoch nicht zum Einsatz.

TUXAMOON: Kürzlich zeigten Sie einen von DMFC-Brennstoffzellen angetriebenen Roller. Planen Sie noch andere Fortbewegungsmittel, die von Ihren Brennstoffzellen angetrieben werden?

Dr. Peter Podesser (CEO): Wir werden weiterhin Leichtelektrofahrzeuge mit unseren EFOY-Brennstoffzellen ausstatten. Es sind bereits sehr erfolgreiche Modelle im Markt.

TUXAMOON: General Motors, Daimler, Toyota und Honda wollen schon sehr bald Brennstoffzellen einsetzen, während VW dem reinen Elektroantrieb Vorrang einräumt und Brennstoffzellen nicht vor dem Jahr 2020 auf dem Plan hat. Woran könnten diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Favorisierungen der Autobauer Ihrer Einschätzung nach liegen?

Dr. Peter Podesser (CEO): Solange Brennstoffzellen in den hohen Leistungsbereichen noch so teuer sind und eine Wasserstoff-Infrastruktur nicht vorhanden ist, werden Brennstoffzellen für Autos ein Projekt bleiben, das vor allem diejenigen Autobauer vorantreiben werden, die auf jeden Fall einen Stromerzeuger an Bord ihres Fahrzeugs integrieren wollen. Das liegt daran, dass für kürzere Fahrstrecken sicherlich mit modernen, innovativen Batterien und einem immer verfügbaren Stromanschluss für die Zeit des Parkens ein Großteil des Energiebedarfs gedeckt werden kann, jedoch nicht auf langen Strecken. Batterien brauchen zum Nachladen genauso lange, wie sie Strom geliefert haben. Niemand möchte jedoch stundenlang an einer Autoraststätte warten, bis die Batterien seines Autos wieder aufgeladen sind. Daher macht für Entwickler dieser Elektroautos die Brennstoffzelle viel Sinn.

TUXAMOON: Was halten Sie von einer Kombination aus Brennstoffzelle und Lithium-Ionen-Akku?

Dr. Jens Müller (CTO): Alle SFC-Brennstoffzellen werden mit Batterien hybridisiert. Dabei können wir sowohl Lithium-Ionen Akkus, wie auch klassische Blei- oder Bleigel-Akkus laden. Die Kombination aus Batterie und Brennstoffzelle ist eine außerordentlich flexible und zuverlässige Art der Stromversorgung.

TUXAMOON: Werden nach Ihrer Einschätzung die aktuellen Spitzenpreise für Diesel und Benzin die Entwicklung und den Einsatz alternativer Antriebssysteme vorantreiben, oder müssen die Ölvorräte erst komplett versickern, bis spürbare Umstellungen in der Mobilität zu erwarten sind?

Dr. Jens Müller (CTO): Es macht auf jeden Fall Sinn, sich bereits heute zu überlegen, wie man zukünftig auf wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Weise Energie erzeugt. Ein großes Potenzial liegt in der Kombination verschiedener Energieerzeugungsmethoden, zum Beispiel der Einsatz von aus Hausmüll erzeugtem Methanol in der DMFC-Brennstoffzellentechnologie oder die Verwendung von aus Wind- oder Solarenergieüberschüssen hergestelltem Wasserstoff in der Wasserstoffbrennstoffzellentechnologie.

TUXAMOON: An welcher Stelle werden Brennstoffzellen als Antriebsgrundlage für die moderne Fortbewegung in zehn Jahren stehen, welche Position will SFC dann einnehmen?

Dr. Peter Podesser (CEO): In dem Maße, wie es gelingt, die Kosten der Brennstoffzelle, insbesondere der stromerzeugenden Flächen, zu reduzieren, wird die Bedeutung der Brennstoffzellen für den Betrieb von Autos, wie auch für die Strom- und Wärmeerzeugung in Häusern, zunehmen. Hierzu sind jedoch auch noch Ökobilanzfragen bei der Herstellung, dem Transport und der Speicherung von Wasserstoff zu lösen. SFC wird sich auch weiterhin auf den kleinen bis mittleren Leistungsbereich bis 1.000 Watt konzentrieren. In diesem Bereich haben wir bereits heute eine marktführende Stellung in Europa und werden diese auch weiter ausbauen, zum Beispiel im Bereich Leichtelektrofahrzeuge, mobile und portable Medical- und Healthcare-Anwendungen oder Consumer Electronics.