12.03.2008

„Marktakzeptanz hängt von der Entwicklung der Benzinpreise ab“

von Annegret Kempf

Joachim Neuser, Pressesprecher des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie im Gespräch mit Annegret Kempf über den Standortwechsel der Loremo AG

[...] ein Fachgutachten von Professor Wallentowitz [...] der bestätigte, dass das Loremo-Projekt ein sehr ambitioniertes Konzept verfolgt, [...]

Annegret Kempf: Stimmt es, dass die Loremo AG mit ihrem eineinhalb Liter-Auto nach Nordrhein-Westfalen abwanderte, weil sie in Bayern keine Fördergelder erhalten hat, um ihren Prototypen bis zur Serienreife voranzubringen

Joachim Neuser: Die Wirtschaftsförderung der Stadt Dorsten hat sich sehr intensiv um die Ansiedlung im Interkommunalen Industriepark Dorsten/Marl bemüht und bereits für die anschließende Produktion eine sechs Hektar große Fläche bereitgestellt. Das NRW-Wirtschftsministerium hat die Entwicklung der Prototypen aus dem Ziel 2-Programm, Schwerpunkt „Technologie und Innovation”, mit 2,3 Millionen Euro begleitet.
Die Förderentscheidung wurde durch ein Fachgutachten von Professor Wallentowitz von der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen gestützt, der bestätigte, dass das Loremo-Projekt ein sehr ambitioniertes Konzept verfolgt, das hohe Entwicklungsrisiken birgt, aber auch große Chancen im Erfolgsfall bietet.

Annegret Kempf: Ist Nordrhein-Westfalen innovationsfreudiger als andere Bundesländer, oder ist das Prozedere, das mit Förderanträgen verbunden ist, auch für kleinere Unternehmen in Ihrem Land eher tragbar?

Joachim Neuser: Die kleinen und mittleren Unternehmen sind besondere Zielpunkte des Technologie- und Innovationsprogramms des Landes.

Annegret Kempf: Wie sehen Sie die eventuelle Verlagerung einer größeren Serienproduktion nach Osteuropa oder Südostasien?

Joachim Neuser: Schon vor Projektbeginn war angekündigt, dass im Erfolgsfall in der Region die Kleinserienproduktion angesiedelt wird. Sollte es zu einer Großserie kommen, war von vornherein klar, dass diese nicht in Westeuropa stattfinden würde.

Annegret Kempf: Gibt es Möglichkeiten, Loremo auch für eine Produktionsausweitung in NRW zu halten?

Joachim Neuser: Die Frage stellt sich zurzeit nicht, siehe oben.

Annegret Kempf: Lohnt sich die Unterstützung mit Fördermitteln, auch wenn Loremo nur wenige Mitarbeiter in NRW beschäftigt?

Joachim Neuser: Die geplante Kleinserienproduktion wird wesentlich mehr als nur „wenige“ Mitarbeiter benötigen, es geht derzeit um die Entwicklung der Technologien. In der Endstufe will das Unternehmen 100 bis 200 Mitarbeiter im Ruhrgebiet beschäftigen

Annegret Kempf: Werden in Nordrhein-Westfalen derzeit auch andere Projekte gefördert, die die baldige Serienreife verbrauchsarmer Autos zum Ziel haben?

Joachim Neuser: Das NRW-Wirtschaftsministerium unterstützt zudem noch das „Kompetenznetzwerk Kraftstoffe und Antriebe der Zukunft NRW”.
Das „Kompetenz-Netzwerk Kraftstoffe der Zukunft und Antriebe der Zukunft NRW“ bietet für die Akteure aus Forschung, Produktion und Dienstleistung eine Informations- und Kommunikations-Plattform. Zudem unterstützt das Netzwerk die Internationalisierung durch Messeauftritte, baut Kontakte zu verwandten Initiativen auf und bietet eine Ansiedlungsberatung an.
Einen Schwerpunkt des Netzwerkes bis zum Jahr 2010 bilden technische Innovationen, mit denen der Kraftstoffverbrauch reduziert und der Kraftstoffmix optimiert werden kann. Dabei spielt die Effizienzsteigerung bei Diesel- und Ottomotoren eine zentrale Rolle. Marktpotenziale liegen aber auch in der Nutzung von Erdgas und von Biokraftstoffen, wie Biodiesel und Bioethanol, die insbesondere auch als Beimischungen von Bedeutung sind. Die so genannte „EU-Biokraftstoffrichtlinie“ sieht eine Steigerung des Anteils von Biokraftstoffen an allen verkauften Kraftstoffen auf 5,75 Prozent für das Jahr 2010 vor. Darüber hinaus werden bis 2020 die weltweiten Kapazitäten zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe ausgebaut werden. Diese Kraftstoffe sind besonders viel versprechend, da sie sich entsprechend den Anforderungen der Motorenhersteller beispielsweise aus Erdgas oder Biomasse synthetisieren lassen.

Annegret Kempf: Haben sich weitere Unternehmen angesiedelt, die Neuentwicklungen zum Thema „Auto und Umwelt“ bereithalten?

Joachim Neuser: Zusätzlich zu Loremo gehen im Rahmen des Wettbewerbs `Automotive.NRW` zahlreiche Projektideen zum Thema Ressourcenschonung ein, über die allerdings erst nach den Entscheidungen der unabhängigen Jury berichtet werden kann.

Annegret Kempf: Hat die Ansiedlung von Loremo die erwarteten Impulse für die Region gebracht?

Joachim Neuser: Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, die Berichterstattung über das Projekt hat in der Region zusätzliche Impulse gebracht.

Annegret Kempf: Glauben Sie an einen Erfolg von Loremo, auch wenn die angepeilten Preise um 4000 bis 5000 Euro erhöht worden sind?

Joachim Neuser: Ein Markterfolg hängt bei diesem Nischenprodukt nicht nur vom angestrebten Endkundenpreis, sondern von zahlreichen Faktoren ab. Wichtig ist vor allem, dass der angestrebte niedrige Verbrauch erreicht wird, denn dann wird die Marktakzeptanz von der weiteren Entwicklung der Benzinpreise abhängen.

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