27.02.2008

Eineinhalb-Liter-Auto als Sportflitzer

von Annegret Kempf

Das Energiesparauto Loremo soll in Nordrhein-Westfalen startklar für die Serienfertigung gemacht werden / seriennaher Prototyp noch in diesem Jahr

Wie komme ich gut, sicher und günstig von A nach B, in einem Auto, das dennoch attraktiv aussieht?

Uli Sommer liebt Autorennen und sportliche Karosserien. Vor 16 Jahren stellte er sich die Frage, die angesichts von Sprit-Preis-Gigantismus und Klimakatastrophe dieser Tage besonders viele Menschen umtreibt, die ohne ihren fahrbaren Untersatz im Alltag aufgeschmissen sind: „Wie komme ich gut, sicher und günstig von A nach B, in einem Auto, das dennoch attraktiv aussieht?“ Seither tüftelt der Ingenieur an einem effizienten Umwelt-Gefährt mit „Sex-Appeal“, dessen Optik meilenweit von plumpen Öko-Kästen entfernt ist, und dessen schlanke Linie dafür sorgt, dass eineinhalb Liter (Bio-)Diesel auf 100 Kilometer als Energiezufuhr genügen.

Das Rezept: Wie bei Rennautos Gewicht und Luftwiderstand reduzieren, um den Verbrauch zu senken und mit möglichst geringem Material- und Ressourcen-Einsatz trotzdem auf Tempo zu kommen. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Idee lässt Sommer strahlen.

Schmusekurs mit der Straßenlage

Mit Schumi-mäßigem Fahrspaß und guter Straßenlage, verbunden mit der Ratio eines extrem sparsamen Kleinwagens, unterwegs sein – diese Vision steht bei dem im Jahr 2000 von den Münchnern Gerhard Heilmaier, Stefan Ruetz und Uli Sommer gegründeten Eineinhalb-Liter-Auto-Unternehmen Loremo vor der Realisierung: 2010 soll das windschnittige Low-Resistance-Mobile (Loremo) für knapp 15 000 Euro in der bis zu 160 Stundenkilometer schnellen 20-PS-Standardvariante LS (Leicht und Sparsam), mit Zwei-Zylinder-Turbo-Dieselmotor und parallel als Elektroauto, auf den Markt brausen. Mit einer Tankfüllung von 20 Litern könnte der Diesel dann beispielsweise von München nach Rom fahren, dabei auf einen Kohlendioxid-Ausstoß von nicht einmal 50 Gramm auf 100 Kilometer kommen und einen Luftwiderstandswert von 0,22 verzeichnen. Wobei der beim ersten fahrtüchtigen Prototyp 384 Zentimeter lange und 136 Zentimeter breite Kleinwagen in 20 Sekunden von null auf hundert Stundenkilometer beschleunigt, also keineswegs zum Bremser gegenüber anderen Kleinwagen wird.

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In der Herstellung folgen, aber auf der Autobahn voraus sein, wird dem LS die 50-PS-GT-Version, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern, einer doppelt so schnellen Beschleunigung und einem Verbrauch von 2,7 Litern Diesel 5000 Euro mehr kosten wird.

Heilmaier zur Entscheidung für die manchen überraschende Elektrovariante: „Wir sehen den Dieselantrieb in der Gesamteffizienz derzeit unverändert als die ökologisch und ökonomisch beste Lösung an. Die zunehmende Urbanisierung macht es aber in Großstädten und Mega-Cities notwendig, Abgase aus der Stadt raus zu halten, um eine gewisse Lebensqualität zu sichern. Hier hat der Elektroantrieb eine klare Berechtigung.“

Folie statt Farbe

Die nicht selbst-tragenden Karosserie-Panels des LS sind aus leichten, wetterbeständigen und kratzfesten Thermoplasten. Eine umweltbedenkliche Lackierung wird überflüssig, da bei der Herstellung eine Folie in Wagenfarbe eingelegt wird.

Im September 2007 war ein fahrtüchtiger Prototyp des 450- bis 550-Kilogramm-Leichtgewichts Loremo LS auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt zu sehen: Passend zur heißen Diskussion um die Vorbild-Rolle von Autos in der aktuellen Klimaschutz-Debatte. Beim Testen hatte er, dem Loremo-Vorstand zufolge, unter zwei Liter Sprit auf 100 Kilometer verbraucht, obwohl noch nicht der optimierte Serienmotor im Einsatz war.

Heilmaier: „Seit wir auf dem Genfer Autosalon und der Südostasienshow in Kuala Lumpur zum ersten Mal unser Show-Car zeigten, sind wir auch vom Markt überzeugt. Marktbefragungen haben bestätigt, dass es den selbstbewussten, verantwortungsvollen Loremo-Fahrer gibt, welcher die Authentizität des Autos schätzt und die Philosophie dahinter als Teil eines zukunftsfähigen Lebensstils sieht.“

Im April 2007 präsentierte sich der Eco-Sportwagen auf der Hannovermesse unter dem Motto: „Sauber und umweltverträglich“.

Noch in diesem Jahr soll ein der späteren Serienproduktion sehr nahe stehender Prototyp zu sehen sein, der optisch deutlich überarbeitet sein und viele der späteren Funktionalitäten enthalten soll. Und er wird ein bisschen größer, für die längeren Menschen unter den Energiesparern, sein, Heilmaier zufolge dennoch im Verbrauch unter der Zwei-Liter-Marke liegen und die 600-Kilogramm-Gewichtsmarke nicht sprengen.

Energiesparen und schädliche Abgase vermeiden, kann so einfach sein.

Familientaugliches Cabrio mit 20 PS
Sicherlich wird der Loremo ein Hingucker sein: Denn der 20-PS-Zwerg wird ausschließlich von vorne und hinten bestiegen. Sogar das Lenkrad wird beim aufrechten Einsteigen wie in eine Badewanne weggeklappt. Seine +2-Kinder-Rücksitze sind nach hinten gewandt und können zugunsten von Stauraum weggedreht werden. Ohne großen Aufwand lässt sich der schnittige Fahrspar-Purist, mit seiner Mittelmotoranordnung und seinem niedrigen Schwerpunkt, in einen Pickup oder ein Cabrio umwandeln, was den Verzicht auf eine Ballast erhöhende Klimaanlage als zukaufbares Extra erleichtert.

„Energiesparen und schädliche Abgase vermeiden, kann so einfach sein“, so die Beschreibung einer ehemaligen Loremo-Sprecherin, die sieben Jahre in der Formel eins war. „Wir machen uns das Leichtbau-Erfolgsrezept der Rennautos zueigen: Alles Belastende weglassen, wenig Masse, wenig Gewicht, wenig Energiebedarf, wenig Verbrauch, große Aerodynamik.“

Der Loremo ist sehr unfallsicher.

Sicherheit statt Seiteneinstieg
Aber wo bleibt bei soviel umweltverträglicher Leichtigkeit die Sicherheit? „Der Loremo ist sehr unfallsicher“, sagte die Ex-Sprecherin. „Seine Kernzelle ist eine 95 Kilogramm schwere Wanne aus Stahl, die wegen der fehlenden Türen sehr unfallstabil ist.“ Eine um 50 Prozent gegenüber anderen Kleinwagen größere Knautschzone, ein widerstandsfähigeres Dach, Linearzellenstruktur und eine Passagierzelle, die sich bei Frontalunfällen und seitlichen Kollisionen kaum verformen soll, werden von dem Unternehmen ebenfalls als Argumente angeführt. Auch die Umdrehung der Rücksitze würde den Schutz für mitfahrende Kinder erhöhen.

Manchmal braucht es die Kleinen, um quer zu denken.

Pneumatische Sitze für alle
Wenn das Konzept eines - hoffentlich - unfallsicheren Extrem-Energiesparautos, das auch noch Spaß macht, so einfach ist, warum sind andere und größere Unternehmen damit nicht längst auf den Straßen unterwegs? „Manchmal braucht es die Kleinen, um quer zu denken. Das Problem ist der Aktionär. Der lehnt so etwas ab. Es braucht länger, als bis zur nächsten Gewinn-Ausschüttung, bis man mit einem Leichtbau-Auto erfolgreich am Markt ist.“ Hinzu kämen der Trend zu immer mehr Elektronik und anderen Ausstattungs-Attributen in Komfort-Autos. Das Resultat? „Wir drehen uns immer im Kreis, zumal in Deutschland“, sagte die Ex-Sprecherin, die jetzt für globale Umweltzusammenarbeit im Einsatz ist. „Eine echte Lösung im Kampf gegen Emissionen und für ausreichende Energieversorgung ist es, Gewicht zu reduzieren. Auch bei Flugzeugen wären im Interesse von Energieeffizienz beispielsweise pneumatische Sitze möglich.“

Förderanträge als Hemmschuhe

Dennoch muss gerade auch eine kleine Loremo AG aufs Geld schauen und die kostenintensiven Durststrecken überwinden: Bis letzte Prototypen gebaut und getestet sind, das Fertigungskonzept unverrückbar steht, und das Auto serienreif und schließlich im Handel ist.

„Kleine Firmen bekommen in Deutschland leider weniger Fördergelder“, war die Erfahrung der Ex-Sprecherin. Das liege beispielsweise bei EU-Förderungen mit daran, dass das Unternehmen ein Jahr lang jemanden beschäftigen muss, der Fragen zum Antrag beantwortet. „Das ist ein irrsinniger Hemmschuh und ein bürokratisches Monster, das sich eigentlich nur Große leisten können.“

Servus Bayern, hallo Welt

Neben der Höhe der standortspezifischen Arbeits- und Produktionskosten, sind fürs Umsetzen interessanter Ideen Fördergelder entscheidend, besonders solche, die den Innovations- und Umweltgedanken huldigen. Und da hatte wohl das Land Nordrhein-Westfalen gegenüber Bayern, wo der Loremo so viele Jahre entwickelt wurde, die Nase vorne: Seit Januar 2007 ist das Unternehmen in Dorsten zuhause und in München nur noch mit einem kleinen Büro vertreten. Doch dabei bleibt es voraussichtlich nicht, denn auch das Energiesparauto wird von der Globalisierung getrieben: Sobald sich eine größere Serienproduktion abzeichnet, könnte das Unternehmen, dem Wirtschaftsmagazin Ruhr zufolge (Ausgabe 2/2007), in Osteuropa oder Südostasien produzieren. Es zitiert dabei eine Veröffentlichung der Loremo AG: „Aus Gründen einer notwendigen Eigen- und Lernkurven-Erfahrung wird lediglich eine Anfangsmontage und Kleinserien-Fertigung in Deutschland erforderlich sein. Für die Großserie sind leistungsfähige Fertigungs- und Vertriebspartner in Osteuropa beziehungsweise Südostasien vorgesehen.“

Schade eigentlich um die Energie, die der Transport der fertigen Fahrzeuge nach Europa kosten würde, wo vermutlich zunächst die am stärksten interessierten Käufer in spe beheimatet sein werden. Die auch am offensten für das „offene Geheimnis von Loremo“ sind: „Die Besinnung auf das Wesentliche - Sicherheit, Wirtschaftlichkeit, Fahrspaß, Design. Unser Konzept gewährleistet auch künftig Mobilität für jeden.“

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