wirtschaft-faz
04.10.2008

Erklär mir die Welt. Was Sie immer schon über Wirtschaft wissen wollten

Autor/en: Rainer Hank

Dass Entwicklungshilfe hilft, ist noch nicht bewiesen.

von Werner Fuchs

Die 99 Fragen dieses Buches wurden bereits in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung gestellt und beantwortet. Da die Serie ein grosser Erfolg war, drängte sich eine Zweitverwertung geradezu auf. Der Sammelband soll den Lesern die kapitalistische Wirtschaft erklären, Wissenslücken füllen und Verständnis wecken. Und laut Vorwort sind die Autoren der Meinung, dass für alle ihre Weisen der Welterklärung die besten Beschreibungen und Argumente gerade gut genug waren. Dass sie es dem Leser überlassen, eine Frage anders zu beantworten, halte ich nicht für grosszügig, sondern für selbstverständlich. So werden Gewerkschafter und Linke bestimmt viele Erklärungen nicht teilen. Aber die Autoren schreiben schliesslich auch nicht für die TAZ oder den Vorwärts, sondern stehen auf der Lohnliste der F.A.Z. Und sie sind auch nicht in ein Konzept eingebunden, das bei strittigen Punkten die Gegner zum Antworten einlädt. Dennoch hätte ich mir eine Form gewünscht, die andere Ansichten stärker berücksichtigt hätte. Immerhin steht auf dem Cover "Erklär mir die Welt". Und der Titel lautet nicht unbescheiden "Was Sie schon immer über Wirtschaft wissen wollten." Das päpstliche Konzept verantwortet denn auch den Verlust der Höchstnote. Denn dass Entwicklungshilfe nicht hilft, hat auch der Verfasser des entsprechenden Artikels nicht bewiesen.

Der Herausgeber Rainer Hank hat die 99 Fragen in Kapitel geordnet, deren Überschriften nicht immer selbsterklärend sind. Sie lauten: Geld regiert die Welt - Gehen sie mit der Konjunktur - Arbeit ist das halbe Leben - Der Staat, Dein Freund und Helfer - Was ich nicht weiss, macht mich nervös - Bunt ist alle Theorie - Meine Firma, Deine Firma - Der Preis ist ziemlich heiss - Wir fahren übern See - Vater, Mutter, Kind - Und die Moral von der Geschich'. Man sieht, es geht nicht nur um langweilige Kennzahlen oder Prüfungsstoff für Ökonomen. Die einzelnen Artikel sind in einer Sprache verfasst, der etwa derjenigen entspricht, die ein F.A.Z.-Leser von seinem Leibblatt erwartet. Das heisst mit anderen Worten, dass dieser Sammelband die Wissenslücke nur teilweise schliessen kann. Aber da in Diskussionen zu wirtschaftlichen Fragen ebenso viel Unsinn erzählt wird wie bei Weinen, kann so genannt Gebildeten ein bisschen Nachhilfeunterricht nicht schaden. Vor allem wenn er insgesamt unterhaltsamer ist als die meisten Schulstunden.

Mein Fazit: So wertfrei und objektiv, wie der Herausgeber uns weismachen will, werden die 99 Fragen nicht beantwortet. Aber wer damit leben kann, dass in diesem Buch nicht jeder Gegenmeinung Platz eingeräumt wird, wird an der Lektüre Freude haben. Denn er kann sich herauspicken, was ihn interessiert und erhält auch Antworten, die ihn überraschen werden. Dass solche Überraschungen nicht immer angenehm sind, setzt vielleicht genau die Denkprozesse in Gang, die Wissensvermittlung braucht.