kabuki
13.01.2009

KABUKI

Autor/en: David Mack

Die epische Comicserie Kabuki erscheint alle zwei Monate am Kiosk, ist aber weitaus mehr als ein billiges Bilderheftchen.

von Christian Meyer

Kabuki, eine großangelegte Comicserie des Amerikaners David Mack, ragt mit einer großen, souverän verwalteten Stilvielfalt zwischen s/w-Zeichnung, Pastellmalerei, Grafik-Design, Collage und Kalligrafie und einer komplexen Story meilenweit aus dem Gros der Kioskcomics heraus. Die Story verlagert hamletsche Tragik in ein Milieu aus korrupter Staatsmacht, Yakuza-Greueln und der weiblichen Killerelite Noh, die für die Balance zwischen den Machtpolen sorgt.

Ort der Handlung: Japan. Zeit: die nahe Zukunft. Die häufig brutale, dabei stark psychologisierende Story um die Noh-Agentin Kabuki ist mit vielen Rückblenden und Traumsequenzen (ein Heft ist komplett dem Seelenzustand der mal wieder im sterben liegenden Kabuki gewidmet – ein Heft mit insgesamt 8 Sprechblasen) gestaltet. Das führt auf der Leserinnenbriefseite (die Serie hat außer mir anscheinend wirklich NUR Leserinnen!) immer wieder zu Diskussionen über den Handlungsverlauf ("ist SIE jetzt tot?; "war das eine Rückblende?"). Es ist tatsächlich ein genaues Studieren der Bilder erforderlich, um der Handlung folgen zu können und wenigstens einige der zahlreichen versteckten Anspielungen zu erfassen.

Genau dazu- genaues Betrachten - laden die opulenten Bilder ein. Häufig ist die klassische Erzählweise – v.l.n.r., von oben nach unten und von Panel zu Panel – vollständig aufgelöst und der Leser/Betrachter wähnt sich vor einem Gemälde, in dem er Kreisend die Leserichtung selber suchen muß bzw. bestimmen kann. In seiner an Expressionismus (bes. in den s/w-Ausgaben) oder Symbolismus eines Odilon Redon erinnernden Ästhetik nähert sich David Mack oft gefährlich dem Kitsch, die sich schnell wieder einstellende Brechung des Stils relativiert dies aber. Auch wenn dieser Hang zum Kitsch (und zuweilen eine dezente Teenie-Erotik, was nicht zu sehr verwundern sollte, denn als Mack die Serie 1993 startete, war er 20 Jahre jung) merkwürdig anmutet, entsteht ein Gesamtbild einer extrem aufwendig und abwechslungsreich gestalteten und genau durchdachten, metaphernreichen Serie, die unglaublich viele Lebensaspekte anspricht – und das Auge jubilieren läßt.